Mit Waagen und Software in die achte Generation
Von Babywaagen über Kraftmessgeräte bis hin zu den unterschiedlichsten Waagen und Mikroskopen: Mehr als 5.000 Produkte bietet KERN & SOHN mit Sitz in Balingen seinen Kunden aus Labor, Medizin und Industrie heute. Als ältester Präzisionswaagenhersteller Deutschlands – wahrscheinlich sogar weltweit – konnte das Unternehmen sich nur durch ständige Weiterentwicklung und Innovation über 180 Jahre behaupten. Die Anfänge liegen sogar mehr als 250 Jahre zurück.
Im Jahr 1769 schmiedet der Dorfschmied Jakob Sauter in Onstmettingen, heute Stadtteil von Albstadt, eine bahnbrechende Neuheit: Eine „automatische“ Waage für Handelsleute, deren Gewicht an einem Zeiger abgelesen werden kann. Sie ist eine Erfindung des Dorfpfarrers Philipp Matthäus Hahn. Jakob Sauter teilt die Skala ein und justiert die Hahn’sche Waage auf das richtige Gewicht. Jedes Exemplar ist ein Unikat.
Jakob Sauter wird der erste Waagenbauer in der Familie. Er ahnt nicht, dass seine Nachkommen mehr als 250 Jahre später noch immer Waagen herstellen und vertreiben werden.
Präzisionswaagen von der Schwäbischen Alb
1812 übernimmt Simon Sauter die Werkstatt seines Vaters Jakob. Zusammen mit drei Söhnen widmet er sich dem Bau von Präzisionswaagen. Es grenzt an ein Wunder, dass in einem abgelegenen Dorf lange vor dem industriellen Bedarf solch genaue Waagen entstehen.
Tragischerweise sterben zwei von Simon Sauters Söhnen früh. Auguste Sauter, die Witwe von Matthäus Sauter, heiratet Gottlieb Kern. Dieser tritt in die Sauter’sche Werkstatt ein und begründet den heutigen Markennamen.
Von der Werkstatt zur Fabrik
1863 ist KERN mit neun Mitarbeitern steuerrechtlich bereits ein württembergischer Großbetrieb. Die Serienfertigung von Präzisionwaagen beginnt. Als 1870 Kerns Stiefsohn Albert Sauter ins Geschäft eintritt, wird der Firmenname auf GOTTL. KERN & SOHN geändert. Das Unternehmen zählt in dieser Zeit bereits zu den größten Präzisionswaagenherstellern Deutschlands und wird im In- und Ausland bekannt. 1885 siedelt die Firma ins benachbarte (Albstadt-) Ebingen um, denn dort besteht Eisenbahnanschluss. Trotz aller Höhen und Tiefen in den folgenden Jahrzehnten weist der Waagenbau KERN einen stabilen Weg – bis heute.
Die neue Generation
Um die Jahrtausendwende wird die Fabrik in der Albstadt-Ebinger Innenstadt zu klein für die unter Martin Sauter stark gewachsene Firma. KERN zieht in einen Neubau nach Balingen.
Zeitgleich tritt mit Sohn Albert Sauter die achte Generation in das Unternehmen ein. Das klassische Sortiment an Präzisionswaagen wird in den Folgejahren durch Industriewaagen und Messgeräte für Kraft, Härte und Schichtdicke ergänzt. 2008 kommen Medizinwaagen hinzu, sechs Jahre später Mikroskope und Refraktometer.
„Nur durch ständige Innovation und Weiterentwicklung, aber auch durch nachhaltiges Wirtschaften können wir unsere Unternehmensgeschichte erfolgreich fortschreiben“, ist Geschäftsführer Albert Sauter überzeugt, „aktuell setzen wir dabei auf vernetzbare und individualisierbare Produkte, spezialisierte Software und unser vollautomatisiertes Hochregallager.“
Digital und vernetzt
Mess- und Wägedaten werden heute immer häufiger direkt von der Waage oder dem Messgerät an den Computer übertragen und weiterverarbeitet, so Sauter. Wäge-, Zähl- und Messergebnisse erscheinen in Lagerbuchungen und auf Lieferscheinen. „Dieser Entwicklung tragen wir mit Produkten Rechnung, die sich leicht in Unternehmensnetzwerke einbinden lassen“, erläutert Sauter. Und auch die zugehörige Software werde immer wichtiger.
Maßgeschneidert
Rund 5.000 Produkte und zahlreiche Dienstleistungen umfasst das Sortiment von KERN. Und doch ist manchmal eine maßgeschneiderte Lösung gefragt. Diese entwickelt der Customized Solution Service (CUSOS) von KERN in Balingen. In der Entwicklungsabteilung nimmt das Unternehmen nicht nur individuelle Kundenwünsche auf, sondern lässt auch Marktrückmeldungen und Ideen in die Produktentwicklung einfließen.
Von Balingen in die ganze Welt
Ein 25 Meter hohes vollautomatisiertes Hochregallager sorgt für hohe Verfügbarkeit und schnellen Versand der Waagen, Mikroskope und Messgeräte in alle Welt. Täglich verlassen 500 bis 800 Pakete und 30 bis 50 Paletten das Lager. Das 2014 errichtete Gebäude stößt bald an seine Grenzen.
Die Planungen für einen zweiten Unternehmensstandort mit einem weiteren Hochregallager laufen. Darüber hinaus plant KERN Niederlassungen in strategisch wichtigen europäischen Märkten.
Nachhaltig in die Zukunft
Eine großflächige Photovoltaikanlage auf dem Dach des Hochregallagers spart KERN inzwischen nicht nur erhebliche Stromkosten, sondern reduziert auch den CO2-Ausstoß deutlich. „Unsere modernen Industriegebäude heizen bzw. kühlen wir bereits weitgehend klimaneutral mit Geothermie. Bei Verpackungen setzen wir auf recycelbare Materialien“, berichtet Sauter, „so gehen wir Schritt für Schritt in eine nachhaltigere Zukunft, auch im Sinne der Fortschreibung unserer Unternehmensgeschichte“.